Das Modell- oder Mustergebet unseres Herrn Jesus Christus, dem sogenannten „Vater-unser-Gebet“, ist so inhaltsreich und von großer Bedeutung. Heute wollen wir uns ein wenig die 2. Bitte anschauen. Es geht um den Willen.
Unser Wille oder auch Eigenwille prägt unsere Persönlichkeit. Es gibt sehr willensstarke Menschen, von denen man den Eindruck hat, die wissen, was sie wollen. In vielen praktischen und täglichen Situationen vermitteln sie Gradlinigkeit und Festigkeit. Gerade in stürmischen Zeiten, wo das eigene Meinungsbild hin- und hergeworfen wird, geben solche Menschen Sicherheit. Dann gibt es auf der anderen Seite Menschen, die tun sich schwer, sich zu entscheiden. Es sind willensschwache Menschen. Man gewinnt schnell den Eindruck, die wissen nicht genau, was sie tun und wollen. Sie neigen dazu, sich eher von Gefühlen, Umständen und Einflüssen von außen steuern zu lassen. So nach dem Motto: Das macht doch die Mehrheit, dass tun doch viele andere auch. Ein eigener Standpunkt kann nicht immer sofort erkannt werden. Und so wirkt vieles angepasst und oft unsicher. Die Bibel geht auf dieses Phänomen ein und beschreibt uns sehr willensstarke und eben auch willensschwache Menschen, z. B. Mose, Josua, Abraham, Debora, David, Petrus, aber eben auch solche wie Johannes Markus, das Volk selbst – „Warum hinket ihr auf beiden Seiten?“ – Rehabeam, Jona, Zachhäus usw. Gott spricht in 1. Sam. 15, 23 über den Eigenwillen, der wie Abgötterei und Götzendienst ist.
Der Herr bittet nun Gott: „Dein Wille geschehe!“ Das bedeutet, dass da unser Eigenwille keinen Platz mehr hat. Unser ICH, unser EGO mit den 4 Kennzeichen: ich, mir, meiner, mich hat da keinen Raum und ist absolut deplatziert. Hier wird eines der größten Probleme, die wir Menschen miteinander haben, unters Kreuz gebracht, und die Vorzeichen werden verändert: Von ich auf DU, von mein auf DEIN, von mich auf DICH. Das verändert eine Person und macht daraus eine Persönlichkeit. Denn nun stelle ich die größte Persönlichkeit in den Vordergrund und trete selbst in den Hintergrund. Nicht mein Wille, meine Meinung, meine Auffassung ist entscheidend, sondern SEIN Wille, SEIN Wort, SEINE Gedanken erhalten einen neuen Stellenwert, und dadurch kommt SEIN Licht neu auf uns und gibt uns die Stärke, das Standvermögen und die Kraft, die wir selbst nicht in uns haben. Aber ER wird in dem Schwachen mächtig und möchte sich in uns verherrlichen und offenbaren, damit ER von seinen Kindern angebetet werden kann, weil ER es wert und würdig ist.
Das ist eine neue Herausforderung und ein lebenslanger Lernprozess, von „mein“ auf „DEIN“ umprogrammiert zu werden. Selbst können wir es nicht. Aber wir dürfen jeden Tag darum beten und ringen, dass SEIN Wille geschieht. Dadurch wird sich vieles verändern.
Eckhard Lüling